Richard Hirschbäck und die 1970er
Jahre - Dr. Susanne Neuburger
Seit den 1960er-Jahren war sein Atelier im Familienhaus in Thumersbach Zentrum seiner langjährigen Überlegungen zur Kunst: Richard Hirschbäck hat zeitlebens inmitten einer markanten Landschaftskulisse gearbeitet, wobei die das Haus umgebende Natur mit See und Bergen so etwas wie ein Echoraum gewesen sein muss, der dennoch in seinem Werk nie autobiographisch, anekdotisch oder erzählerisch eine Rolle spielt. Das Genre der Landschaft hätte sich angeboten, aber Hirschbäck hat nie wörtlich davon Gebrauch gemacht, sondern Landschaft stets übersetzt, als Zitat oder Fragment etwa oder in gänzlich abstrahierende Formen. Eine diesbezüglich ausgeprägte Werkgruppe betrifft die erste Hälfte der 1970er Jahre, in denen Landschaft mit skulpturalen oder architektonischen Elementen durchsetzt ist. Die Natur scheint eine große Projektionsfläche, die mit großen Formen und starken Farben alle naturalistischen Aspekte an gemalte Strukturen abgegeben hat, die sowohl organisch als auch konstruktiv angelegt sein können. Wie Baustellen, die noch nicht fertig sind und teilweise aus der Natur bersten, muten einige der Blätter voller surrealer Phantastik an. Mit einer gewissen Dringlichkeit, wenn nicht Bedrohlichkeit kommen sie in illusionistischer Verkleidung auf einen zu. Im Blatt Mein Atelier ist es deutlich die Tür des Ateliers, aus dem erst diese Blicke und Sichtweisen konzipiert werden können. Die menschenleeren Blätter, die Falltür oder Atempause heißen, zumeist aber nicht betitelt sind, geben eine Sicht auf ein Ambiente, dessen Vokabular man ebenso Zerstörung wie Traum zuordnen möchte und neue Räume oft verwunderlicher Gestalt auf Leinwand oder Papier bannt.
Hirschbäck erfindet, er geht jedoch nie historisierend vor und zitiert kaum die großen Ahnen der Moderne, mit denen er im Studium an der Akademie konfrontiert war. Obwohl er zweifelsohne individuell vorgeht, ist es das große und nie abgeschlossene Projekt der Moderne, das sein Gegenüber im Atelier darstellt. Nicht nur hat es die Malerei in der ersten Hälfte des Jahrhunderts grundlegend verändert, sondern bietet ein großes Repertoire, das es weiterzudenken und weiterzuführen gilt. In diesem überzeitlichen Rahmen der Moderne ist Hirschbäck verhaftet und erkundet es in einzelnen Werkphasen, um immer wieder anders und neu anzusetzen. Abgesehen von der 1970er-Jahren wird es die ungegenständliche, abstrakte Malerei sein, die er auslotet.
Die späten 1970er-Jahre werden melancholischer, es überwiegen Brauntöne, die Malerei wird lasierender, bisweilen wirkt sie zurückgenommen als wäre sie Hintergrund der zeichnerischen Elemente. Dinge oder Zeichen scheinen wie herangezoomt oder sogar unter das Mikroskop gelegt, um detailreich und genau untersucht zu werden. Die Zeichnung wird nun dominanter, ist nicht mehr Umriss, sondern Struktur, in der Berge und Täler fallweise als Chiffren vorkommen. Es ist abermals eine eigene Welt, die Hirschbäck hier erschafft. Mitunter hat er sich Gruppierungen angeschlossen, wie der Gruppe 77, und mitunter hat er auch ausgestellt. Alles in allem ist er wenig an die Öffentlichkeit getreten und wenn, oft nicht in eigener Sache. Die österreichische Kunst dieser Jahre kennt allerdings viele Außenseiten und Alleingänger, und Hirschbäck ist vermutlich einer davon.
Waren es zuerst Fernblicke, sucht er jetzt die Nähe, das Detail, offensichtlich interessierte ihn das Zeichnerische mehr als Farben und Formen. Fallweise werden auch Texte eingesetzt. Später in den 1980er-Jahren allerdings wird es wieder bunter, wenngleich die Linie ihre Dominanz behält und oft eine netzartige Struktur vorgibt. Immer wieder beschäftigt ihn die Verteilung von Form und Farbe sowohl in den großen Ölbildern als auch in der Graphik. Tiefe spielt nun kaum mehr eine Rolle. Es sind bunte Oberflächen, auf denen Farben und Striche changieren und ineinanderfließen.
Strengere Form allerdings fordern seine Aufträge für Wand- und Fenstergestaltungen in Kirchen, die Hirschbäck seit den 1970er-Jahren ausführt. Minutiös, detailreich und aufwändig scheint deren Konzeption gewesen zu sein. In den zahlreichen Studien, die er dafür anfertigte, zeigt sich sein Hang zum Konstruktiven, zum Gebauten, zu klaren Strukturen also, wenngleich er damit ähnliche Farbräume zu schaffen vermag wie in seinen Bildern.